Kennen Sie ältere Menschen? Vielleicht Ihre Großeltern? Oder Ihre eigenen Eltern, die ja bekanntlich auch nicht jünger werden? Dann haben Sie bestimmt auch schon beobachtet, dass viele alltägliche Bewegungsabläufe mit dem Alter schwerer werden. Die Routinen in den eigenen vier Wänden werden zur Herausforderung und es zeigt sich irgendwann ganz deutlich: die Bedürfnisse an Möbel und Alltagsprodukte haben sich verändert. Im Badezimmer wird das besonders deutlich: Nasse Flächen stellen eine Rutschgefahr dar, das Stehen und die gebeugte Haltung am Waschbecken können beschwerlich sein und die Augen sehen nicht mehr so gut wer ihnen da im Spiegel gegenüber steht.

Diesen veränderten Bedürfnissen älterer Menschen im Badezimmer hat sich ein internationales Studententeam im Auftrag eines französischen Möbelherstellers gestellt.

Die Challenge:

Das Studententeam soll die Badezimmererfahrung für ältere Menschen neugestalten. Die Einschränkung: Das Endprodukt muss, wie alle Möbel des Herstellers, in Frankreich gefertigt und für einen Preis unter 1000 Euro verkauft werden können.

Das Vorgehen:

Um die gestellte Challenge zu verstehen, führten die Studenten eine Marktanalyse, Sekundärforschung und Experteninterviews mit Krankenschwestern, Ärzten und Ergotherapeuten durch. Sie tauchten in die körperliche Situation älterer Menschen ein, indem sie einen einen Alterssimulationsanzug anprobierten und sich damit im Raum bewegten. Das Team interviewte auch die tatsächlichen Benutzer: Die französischen Studenten konnten mit den Bewohnern eines älteren Hauses in Bry-sur-Marne, einem Vorort von Paris, sprechen. Zum Testen der Prototypen kehrten sie regelmäßig dorthin zurück.

Die Beobachtung

Um herauszufinden, wie sie das Badezimmererlebnis für ältere Menschen verbessern können, möchte das Team die Morgenroutine ihrer Benutzer beobachten. Die Badezimmerroutine ist jedoch eine intime und private Prozedur und es stellt sich heraus, dass es einfacher war, enge Freunde oder Verwandte durch ihre tägliche Handlung im Badezimmer zu verfolgen als Fremde. Eine Studentin beobachtet ihre eigene Großmutter und bemerkt einige wichtige Gewohnheiten. Die Großmutter wandert während ihrer morgendlichen Routine zwischen dem Badezimmer und ihrem Bett hin und her und muss sich für Aufgaben wie das Auftragen von Crème auf ihre Füße hinsetzen. Das Team erkennt, dass alle Bedürfnisse und Probleme, auf die sie in früheren Untersuchungen gestoßen waren, mit dem Problem der Großmutter zusammenhängen: dem Mangel an einem Möbelstück zum Sitzen, das eine bequeme Morgenroutine am Waschbecken ermöglichen würde.

Das Team identifiziert zwei Probleme im Badezimmer, die sie sich vorknöpfen: Die generelle Waschprozedur und die morgendliche Routine am Waschbecken (z.B. Zähne putzen, Haare kämmen, Make-up auftragen usw.). Zwei Kernbedürfnisse, die die Studenten identifizieren sind: Ältere Menschen müssen in der Lage sein, im Badezimmer zu sitzen, weil sie müde werden und sich leicht unwohl fühlen und die Benutzer müssen Gegenstände vorübergehend auf einer offenen Arbeitsfläche in unmittelbarer Reichweite ablegen können.

Die Ideensuche

Auf der Grundlage ihrer Erkenntnisse recherchieren die Studenten, welche bestehenden Produkte es für die herausgearbeiteten Bedürfnisse bereits auf dem Markt gibt. Dabei stoßen sie auf ein Möbelstück, das die meisten der identifizierten Bedürfnisse erfüllt: Der klassische Schminktisch aus dem 18. Jahrhundert. Was diesem fehlt ist der Zugang zu fließendem Wasser. Der Schminktisch inspiriert sie dazu, einen Platz im Badezimmer zu schaffen, der ein Waschbecken, eine bequeme Sitzposition, Stauraum und eine Arbeitsfläche sowie eine gute Zugänglichkeit zu den benötigten Gegenständen bietet.

Der Prototyp:

Nach einer Vielzahl von Prototypen und Iterationsschleifen kreiert das Team einen Prototypen in Form einer computergestützten 3D-Zeichnung, die sie den Ingenieuren des Unternehmens vorstellen. Mit ihrer Hilfe wandeln sie das Grafik-Modell in einen industriell gefertigten Prototyp um. Berücksichtigt werden müssen die Aspekte der möglichen technischen Machbarkeit und die Preisgrenze. Darüber hinaus wurden einige Elemente des Prototyps – wie ein Stuhl – nie zuvor von dem Möbelhersteller gefertigt, was sich als Herausforderung herausstellt. Für andere Teile der Möbel können jedoch bestehende Lösungen aus dem Produktkatalog des Unternehmens verwendet werden.

Das Ergebnis:

Der Prototyp des endgültigen Waschtisches umfasst sechs Elemente:

  1. Integrierter Sitz: Einklappbarer Sitz für eine komfortable, aktive Sitzposition. Stuhl kann entfernt werden, um Platz für einen Rollstuhl zu bieten
  2. Waschbecken und Wasserhahn: Die Höhe ist so gewählt, dass das Waschbecken und der Wasserhahn sowohl von der Stand- als auch von der Sitzposition aus zugänglich sind. Ein ausziehbarer Wasserhahn bietet die Möglichkeit, den Oberkörper am Waschbecken zu waschen.
  3. Arbeitsfläche: Die Arbeitsfläche kann über das Waschbecken geschoben werden, um eine große trockene Arbeitsfläche zu bieten.
  4. Stauraum: Schubladen auf der rechten Seite bieten Platz in der zugänglichen Zone. Zusätzlicher Platz ist unter der Sitzfläche verfügbar.
  5. Spiegel und Licht: Es gib einen großen Spiegel, der in alle Richtungen bewegt werden kann. Die Lichtquelle befindet sich über dem Spiegel
  6. Steckdose: Es gibt eine integrierte Steckdose für die Stromversorgung

Für uns ein tolles Beispiel, wie viel Veränderung eine nutzerzentrierte Herangehensweise bewirken kann. Auch Sie wollen ein Nutzererlebnis neugestalten? Dann kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch!

Quellen:
http://thisisdesignthinking.net/2016/05/lapeyre/
https://www.senioractu.com/Concept-care-Lapeyre-un-meuble-modulable-pour-seniors_a17659.html

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