Lange triste Korridore, unpersönliche Warteräume, der Geruch von Desinfektionsmitteln – Krankenhäuser sind oft deprimierende Orte. Das dem nicht so sein muss, zeigt das Beispiel eines Augenkrankenhauses in Rotterdam. 

In den vergangenen zehn Jahren verwandelten die Manager des Rotterdam Eye Hospitals ihre Einrichtung von der üblichen, funktionsgetriebenen Reparaturwerkstatt in einen hellen und wohligen Ort. Mit Design Thinking haben die Führungskräfte in ihrem Planungsprozess das Krankenhaus zu einem Ort gemacht, der eine Reihe von Sicherheits-, Qualitäts- und Designpreisen gewonnen hat und sogar für den renommierten Dutch Design Award nominiert war. Noch wichtiger für die Non-Profit-Organisation war allerdings, dass die Patientenaufnahme um 47% anstieg.

Der erste Schritt der Planer (sowie jedes Design-Thinking-Prozesses) bestand darin, die Erfahrung des Endnutzers zu verstehen. In diesem Fall wollte ein Stab von Führungskräften und Mitarbeitern des Rotterdam Eye Hospitals verstehen, wie sich ihre Patienten beim Eintreten in das Krankenhaus fühlen und was getan werden kann, um ihre Erfahrung zu verbessern. Die Leiter des Krankenhauses erkannten, dass die meisten ihrer Patienten Angst davor hatten zu erblinden. Und so war ihr primäres Ziel, diesbezügliche Ängste der Patienten zu reduzieren.

Um dies zu erreichen, suchte das Innovationsteam als nächstes innerhalb und außerhalb des Gesundheitswesens nach Ideen, wie der Service des Krankenhauses verbessert werden könnte. Außerdem erhielten sie wichtige Einsichten von dem Weltverband der Augenkrankenhäuser und dem Europäischen Verband der Augenkrankenhäuser.

Zu diesem Zeitpunkt begannen die Teams im Krankenhaus Usertets zu entwickeln, die auf den vielversprechendsten Konzepten basierten. Eines dieser Konzepte war die „To the Eye Hospital“-App, die Kinder auf ihren Aufenthalt im Rotterdam Eye Hospital vorbereitet. Die Kinder lernen im Spiel mit der App zum Beispiel, dass Augentropfen sie nicht verletzen, aber dass sie ein wenig in ihrem Auge kitzeln können. Das Ergebnis ist, dass Kinder die Angst vor dem Krankenhausaufenthalt verlieren und es folglich leichter ist, sie zu behandeln.

Die Usertests waren ausschlaggebend für den Erfolg des Programms. Durch niedrigsschwellige Prototypen konnten die Projektmitarbeiter testen wie die entwickelten Ideen in der Praxis funktionierten und daraus weiter lernen. Durch Tests an den Nutzern können die Konzepte nicht nur verfeinert werden, sie helfen außerdem die Entscheidungsträger von den Ideen zu überzeugen.

Diese kleinen Experimente waren informeller Natur und der Übergang zur formellen Adaption war eher graduell. Wenn eine Idee funktionierte, fragten andere Gruppen früher oder später, ob sie es auch versuchen könnten, und so verbreiteten sich die besten Ideen organisch.

Ein Grund dafür, warum das Krankenhaus so flexibel sein konnte, war, dass die meisten Ideen recht preiswert waren. Von Anfang an hielten die Planer die Kosten im Zaum – zum Teil, weil das Krankenhaus mit keinen oder nur sehr wenigen externen Beratern oder Designern arbeitete.

Ein gutes Beispiel für eine kleine, aber einschneidende Veränderung zur Verbesserung der Informations- und Kommunikationsstruktur der Einrichtung war das Kinderkrankenhaus. Das Krankenhaus schickt den Kindern vor ihrem Aufenthalt schön gestaltete T-Shirts mit einem speziellen Tieraufdruck. Die beratenden Augenärzte tragen während des Termins einen Sticker mit demselben Tier, was zwischen ihnen und den Kindern ein Gemeinschaftsgefühl schafft.

Ein Beispiel für eine komplexere Veränderung des Krankenhausbetriebs ist das neu geschaffene Kultur- und Trainingsprogramm „Eye Care Air“. Inspiriert von den Sicherheits- und Trainingsprogrammen von Fluggesellschaften schult „Eye Care Air“ alle Pflegekräfte in Angstreduzierung, Teamwork und Sicherheit. Das Programm umfasst Fragen wie: Wie soll ich mit Patienten, Ärzten und anderen Kollegen sprechen? Wie spreche ich offen zu einem Patienten ohne Panik auszulösen?

Kluge architektonische und innenarchitektonische Ideen trugen ebenfalls dazu bei, die Ängste der Patienten zu reduzieren. Zum Beispiel wurde die Kinderabteilung so umgestaltet, dass sie weniger angsteinflößend wirkte. Eine der Maßnahmen, die dazu beitragen, war das Anbringen von Trittsteinen an den Service-Schaltern. Diese ermöglichen es den Kindern mit dem Krankenhauspersonal auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Maßnahmen, die in den Experimenten nicht funktionierten, wurden analysiert und wieder verworfen. Auch das gehört zum Design -Thinking-Prozess dazu. Ein frühes Testen der Konzepte am Endnutzer und die Bereitschaft diese wieder zu verwerfen ist ein unabdingbarer Bestandteil nutzerzentrierter Gestaltung.

Insgesamt gab es dank der neuen, funktionierenden Maßnahmen eine ganze Reihe positiver Auswirkungen. Die Patienten des Rotterdamer Eye Hospitals genesen schneller und sind insgesamt zufriedener. Das Krankenhaus selbst erreicht 8,6 (von 10) Punkten bei seinen Umfragen zur Kundenzufriedenheit. Zudem können nun 95% aller Verfahren ohne Übernachtung durchgeführt werden. Auch die Mitarbeiter sind zufriedener. Sie schätzen es sehr, dass es Raum für neue Ideen gibt. Design Thinking hat dem Krankenhaus zudem den Ruf eines Innovators eingebracht.

Im Laufe der Zeit, als viele der Maßnahmen erfolgreich umgesetzt wurden, nahm auch die interne Skepsis gegenüber dem Mehrwert des Design-Thinking-Ansatzes ab. Die Mitarbeiter spürten, dass sich eine nutzerzentrierte Gestaltung  nicht nur positiv auf die Patienten, sondern auch auf sie selbst auswirkt.

Auch wir sind überzeugt: Design Thinking kann für den Gesundheitsbereich ein sehr erfolgreicher Weg sein, um Räume, Produkte und Dienstleistungen zukunftsfähig zu gestalten.

Haben Sie Fragen dazu? Dann kontaktierenSie uns. Wir beraten Sie gerne!

Quellen:
https://www.beckershospitalreview.com/facilities-management/design-thinking-5-steps-to-revamp-the-hospital-experience.html# http://www.healthcarefacilitiestoday.com/posts/Design-thinking-turns-healthcare-facility-into-welcoming-space–14203
https://uiux.blog/3-different-approaches-to-design-thinking-3b76b90f3a11
http://www.empathyandinnovation.com/getattachment/05014c42-4b5b-4e84-a92c-b7240fc75161/A-Healing-Vision.aspx
https://www.oogziekenhuis.nl/artikelen/the-rotterdam-eye-hospital.html

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